Die Zeiten sind vorbei, in denen Ernährungswissenschaftler für Übergewicht und dessen gesundheitliche Folgen wie Bluthochdruck, Arteriosklerose und Insulinresistenz in erster Linie den Genuss von zu viel Fett verantwortlich machten. Inzwischen warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vielmehr vor stark gezuckerten Speisen und Getränken.
Die in Genf ansässige Gesundheitsbürokratie empfiehlt Erwachsenen und Kindern in ihrem Anfang März dieses Jahres vorgestellten neuen Ernährungsrichtlinien-Entwurf, nur fünf Prozent ihres täglichen Energiebedarfs in Form von Zucker zu sich zu nehmen. Heute nimmt jeder Durchschnitts-Deutsche jeden Tag fast 100 Gramm Zucker zu sich. Der Durchschnitts-Schweizer genehmigt sich noch grössere Zucker-Rationen: Während ein Deutscher übers Jahr rund 36 Kilo Zucker zu sich nimmt, kommt der Durchschnitts-Schweizer fast auf 60 Kilo! Die WHO empfiehlt, die Zucker-Aufnahme auf täglich 25 Gramm zu drücken. Diese Menge wird aber schon mit einer einzigen Büchse Cola überschritten! Dass die braune Brause voller Zucker steckt, hat sich allerdings inzwischen herumgesprochen. Ernährungsbewusste Cola-Liebhaber versuchen, diesem Dilemma zu entkommen, indem sie auf Light- beziehungsweise Zero-Cola umsteigen, bei der ein Grossteil des Kristallzuckers durch chemische Süssstoffe wie Aspartam ersetzt wurde. Doch damit handeln sie sich möglicherweise ganz andere Gesundheitsrisiken ein. Wegen der Verteufelung der Fette in den Massenmedien und dem Streben vieler Verbraucher nach einer schlanken Linie hat die Nahrungsmittelindustrie in den vergangenen Jahrzehnten den Fettanteil in vielen Fertiggerichten deutlich vermindert und wirbt erfolgreich mit dem Aufdruck „fettreduziert“ auf Verpackungen. Das heisst aber noch lange nicht, dass die so beworbenen Speisen den Verbrauchern auch wirklich zur schlanken Linie und zu einem gesünderen Leben verhelfen. Anders als Cola, Schokolade oder Gummibärchen, die bekanntermassen viel Zucker enthalten, gilt zum Beispiel Tomaten-Ketschup, zumal wenn er pikant gewürzt ist, nicht gerade als Süssspeise. Doch enthält üblicherweise schon eine einzige Halbliter-Flasche davon 130 Gramm Zucker. Das sind 43 Würfel! Viele Liebhaber von Currywurst, Bratwurst oder gegrillten Steaks, die normalerweise mit viel Ketschup dekoriert werden, wird das überraschen. Und in den Würsten selbst ist in der Regel ebenfalls Zucker – und zwar je nach Sorte in durchaus nennenswerten Mengen. Viel Zucker findet sich auch in Tomatensauce für Nudelgerichte. In einem 500-Gramm Glas Mirácoli zum Beispiel 36 Gramm. Fettreduzierte Salt-Dressings für Menschen, die auf ihre Linie achten möchten, enthalten bis zu dreimal mehr Zucker als Fett. Wenn Fett als natürlicher Geschmacksverstärker ausfällt, muss eben Zucker an seine Stelle treten. Auch Gemüse und Früchte in Schnappdeckel-Gläsern oder Konservenbüchsen enthalten in der Regel erstaunliche Mengen von Zucker, der hierbei sowohl als Konservierungsmittel als auch als Geschmacksverstärker dienen kann. So enthalten 700 Gramm zubereiteter Rotkohl im Glas 77 Gramm oder 25 Würfel Zucker. Eine Dose mit 450 Gramm Ananas enthält 54 Gramm oder 18 Würfel Zucker. Gläser mit sauren Gurken enthalten 15 bis 17 Prozent Zucker. - See more at: http://www.expresszeitung.ch/redaktion/gesundheit/nahrung/verfuehrung-durch-die-droge-zucker#sthash.cPrbHhAN.dpuf
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