Moskau/Brüssel/Berlin - Die russische Führung hat die anhaltende Kritik an Wahlfälschungen bei der Parlamentswahl entschieden zurückgewiesen. „Das sind unsere Wahlen", betonte Kremlchef Dmitri Medwedew beim EU-Russland-Gipfel in Brüssel.
In Moskau lehnte Ministerpräsident Wladimir Putin Forderungen nach einer Neuwahl in einer Live-Sendung ab. Die EU zeigte sich hingegen „besorgt". Der Bundestag stärkte den regierungskritischen Demonstranten in Russland einmütig den Rücken. Über alle Parteigrenzen hinweg forderten die Abgeordneten in Berlin die Überprüfung sämtlicher Wahlfälschungsvorwürfe sowie die Freilassung inhaftierter Demonstranten. Am Vortag hatte das EU-Parlament in Straßburg in einer Resolution eine Wiederholung der Abstimmung vom 4. Dezember verlangt.
„Ich kommentiere das nicht, denn das geht das Europaparlament nichts an. Dieser Beschluss bedeutet nichts für mich", sagte Medwedew. Die Regierungs- und Oppositionsparteien in Russland seien „entrüstet" über die Kritik des Europaparlaments, „das sich um europäische Probleme kümmern sollte, denn sie haben ja eine Menge Probleme".
Medwedew räumte allerdings Probleme bei den Menschenrechten in Russland ein. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte nach einem Treffen mit dem Kremlchef, die EU sei „besorgt über Unregelmäßigkeiten und Mangel an Fairness" bei den Wahlen.
Van Rompuy sprach von einer „aufrichtigen Diskussion" über die Duma-Wahl. Er verwies auf die Berichte der OSZE-Wahlbeobachter und russischer Oppositioneller über Unregelmäßigkeiten bei der Wahl. „Und wir sind auch besorgt über die Festnahmen von Protestierenden", sagte Van Rompuy. Hingegen hätten die Behörden bei den jüngsten großen Protestdemonstrationen „ziemlich gut" agiert. Am vergangenen Samstag waren zahlreiche erlaubte Kundgebungen in Dutzenden russischen Städten bis auf wenige Ausnahmen friedlich verlaufen.
Putin warf der Opposition in einer viereinhalbstündigen Livesendung im Staatsfernsehen vor, sie wolle mit ihren Protesten Chaos stiften. Jungen Leuten sei Geld für die Teilnahme an Kundgebungen gezahlt zu haben. Die Kremlgegner wollten Zweifel an der Fairness der Präsidentenwahlen wecken und Russland destabilisieren, behauptete der frühere Geheimdienstchef. Dieses „falsche und inakzeptable" Ziel dürfe die Bevölkerung nicht zulassen.
Nach der Duma-Wahl demonstrierten zehntausende Russen gegen Fälschungen. Dazu sagte Putin, das Ergebnis der Wahl spiegele die politische Meinung der Bevölkerung wider. Für diesen Samstag hat die liberale Oppositionspartei Jabloko erneut zu Protesten im Moskauer Stadtzentrum aufgerufen, die Kommunisten wollen an diesem Sonntag ebenfalls auf die Straße gehen. Zu den genehmigten Kundgebungen werden erneut tausende Teilnehmer erwartet.
Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), kritisierte, wenn Putin die Proteste als destabilisierend bezeichne, dann habe er nicht verstanden, dass diese Aufbruchstimmung dem Land nutze. Die Osteuropaexpertin der Grünen, Marieluise Beck, sagte, es sei die historische Verpflichtung der Deutschen, „dass wir an der Seite der Demokraten stehen".(dpa)
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